Lesung: Jason Reynolds – All American Boys

White Ravens Jugendliteraturfestival

Einmal im Jahr veranstaltet die Internationale Jugendbibliothek in München ein Literaturfestival. Dazu werden zahlreiche internationale Autor*innen eingeladen, die auch auf Lesereise gehen. Deshalb kam am 18. Juli der Autor Jason Reynolds zu uns in die Stadtbibliothek, um vor Erlanger Schulklassen zu sprechen und zu lesen.

Jugendbücher mit Gehalt

In seinen Büchern erzählt Jason Reynolds Geschichten vom Aufwachsen in schwierigen sozialen Verhältnissen, der Auseinandersetzung mit Gewalt und polizeilicher Willkür. Trotz widriger Umstände schwingt in allen Geschichten Hoffnung mit. Die Figuren verzweifeln letztendlich nicht an ihrer Situation, sondern wachsen über sich hinaus.

Ein eindrückliches Erlebnis

Bevor Jason Reynolds mit seiner Lesung beginnt, stellt er sich vor die versammelten Schulklassen und beginnt locker zu erzählen. Von einem lauen Sommerabend. Von vier Freunden, die zusammen im Auto unterwegs sind, laut Musik hören und alle Fenster heruntergekurbelt haben. Im gleichen entspannten Tonfall erzählt er, wie die Freunde von einer Polizeistreife angehalten werden. Sie wären bei Rot über eine Ampel gefahren. Dass die Ampel in Wahrheit auf Gelb gestanden hat, spielt keine Rolle. Trotz des Protests der vier Jugendlichen. Was folgt, ist ein Akt polizeilicher Willkür, bei dem die Jungen gezwungen werden, sich auf den Boden zu legen und an den Händen gefesselt werden, während die Polizisten das Auto auseinandernehmen. Letztendlich dürfen sie ihre Sachen, die achtlos auf die Straße geworfen wurden, wieder einsammeln, ins Auto steigen und wegfahren. Jason Reynolds beendet seinen Vortrag damit, dass dieser Vorfall 20 Jahre her ist und es sich bei den Jungen um ihn und seine Freunde handelt. Er erzählt weiter, dass solche Kontrollen für ihn und seine Freunde an der Tagesordnung waren und kaum jemand etwas dagegen unternommen hat. Sei es aus Angst oder aus Hilflosigkeit. Umso wichtiger findet er es, dass (heute) über solche Vorfälle berichtet wird, dass Betroffene sich zu Wort melden und Täter zur Verantwortung gezogen werden.

Gebanntes Publikum © Stadtbibliothek Erlangen

All American Boys

Jason Reynolds © Stadtbibliothek Erlangen

Das Buch „All American Boys“ handelt auch von so einem Vorfall: Der schwarze Teenager Rashad wird Opfer von Polizeigewalt, weil er zu Unrecht des Diebstahls verdächtigt wird. Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt: zum einen aus der von Rashad und zum anderen aus der Perspektive von Quinn, einem weißen Jugendlichen, der die Tat beobachtet. Für „All American Boys“ hat Jason Reynolds mit dem Autoren Brendan Kiely zusammengearbeitet. Während Reynolds Rashads Erlebnisse beschreibt, stammt die Erzählung aus Quinns Sicht aus Kielys Feder. So bekommen beide Figuren eine authentische Stimme.

Jason Reynolds liest den Teil des Buches vor, in dem Rashad beschreibt, wie es zu dem Angriff durch den Polizisten kommt. Reynolds liest atemlos und eindringlich, die Worte prasseln wie die Faustschläge und Tritte des fiktiven Polizisten. Es entsteht ein unangenehmes Gefühl. Gleichzeitig hilflos und wütend. Und genau das ist es, was Jason Reynolds bezwecken will: Werde wütend, erkenne die Ungerechtigkeit. Nimm dieses Gefühl und tu etwas dagegen. Mit Worten und mit Taten, aber immer ohne Gewalt.

© Stadtbibliothek Erlangen

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Sarah

In der Stabi Erlangen sind die anderen Sprachen mein Metier, egal ob Roman oder Sprachkurs. Außerdem dürft ihr mir an der Info jede Menge Fragen stellen – auch gerne zur Onleihe. Ansonsten schlägt mein Herz für Jugendliteratur, Comics, Kochen und Norddeutschland. #exilnördlerin #foreveryoungadult #bibliothekswesen

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Kommentare

Eine Antwort zu „Lesung: Jason Reynolds – All American Boys“

  1. […] Jason Reynolds behandelt in seinen Büchern soziale Missstände, Gewalt und (Polizei-)Willkür. Dabei lässt er seine eigenen Erfahrungen einfließen. Im Juli 2019 hatten wir das Glück den Autor für eine Lesung im Rahmen des White Ravens Festival bei uns begrüßen zu dürfen. Lest hierzu gerne Sarahs Blogbeitrag. […]

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