Der LBV stellte in einer Ausstellung vom 7. April bis 10. Mai 2022 in der Erlanger Stadtbibliothek verschiedene Vogelarten vor, die an Gebäuden brüten. In diesem Gastbeitrag spricht Julia Krüger mit Eveline Schmidt über ihre Passion: Den Schutz von Gebäudebrütern.
Was macht eine Gebäudebrüterbeauftragte?
Mein Name ist Julia Krüger, ich bin die 2. Vorsitzende der Kreisgruppe Erlangen/ERH und 2010 durch einen Zufall zum LBV, dem Landesbund für Vogelschutz e.V., gekommen. Ich war der Meinung, dass mir als Biolehrerin etwas mehr Artenkenntnis gut tun würde, weshalb ich eine Vogelstimmenexkursion des LBV besucht habe. Ich war sofort begeistert und fasziniert von der neuen Welt, in die ich eingetaucht bin, und engagiere mich seitdem dort. Heute möchte ich Eveline Schmidt und ihre Passion vorstellen, die für diese Ausstellung verantwortlich ist.
Eveline, seit 2009 bist du die Gebäudebrüterbeauftragte unserer Kreisgruppe. Was macht eine Gebäudebrüterbeauftragte und wie kamst du dazu?
Eveline Schmidt: Nachdem Mitglieder unserer Kreisgruppe, die sich Sorgen um den Bestand der Gebäudebrüter gemacht hatten die Datenbank und Informationsseite gebaeudebrueter-erlangen.de aufgebaut hatten, suchte man nach Freiwilligen, die die angefangenen Kartierungen fortsetzen. Und da ich nach einem Betätigungsfeld suchte, habe ich mich dazu bereit erklärt. Nicht ganz ohne Bauchschmerzen, denn ich hatte keine Ahnung von Gebäudebrütern. Damals mühte ich mich noch mit Vogelstimmen erkennen herum, und half an den Ständen. Die ersten Sommer, daran erinnere ich mich gut, stand ich da, schaute in den Himmel, und versuchte die Silhouetten von Schwalben und Mauerseglern zu unterscheiden.
Ein einschneidendes Erlebnis war, als zwei Jahre später die Virologie eingerüstet wurde. Kurze Zeit vorher hatte ich dort Mauersegler einfliegen sehen. Ich glaube das war mein erster sicherer Mauersegler-Brutplatz, den ich kannte. Das war damals etwas ganz Besonderes für mich, denn Mauersegler-Nester sieht man ja von außen nicht. Sie brüten z.B. in Hohlräumen unter der Traufe. Und just dieser Nistplatz wurde plötzlich eingerüstet. Also habe ich beim Umweltamt angerufen, damals war Frau Bugar für den Artenschutz zuständig. Die versprach mir, sich darum zu kümmern. Es wurde dann das Gerüst zurückgebaut, bzw. die Bauzeit verschoben, und die Mauersegler konnten weiterhin ihrem Brutgeschäft nachgehen. Sichergestellt wurde damals natürlich auch, dass die Brutplätze erhalten blieben.
Und ab da war ganz klar, was ich zu tun hatte. Da die Mauerseglernester von außen nicht zu sehen sind, und sie damit sehr stark von Bautätigkeit betroffen sind, mussten sie gefunden und kartiert werden. Damit fing meine Passion an. In den nächsten Jahren habe ich in den drei Monaten, in denen die Vögel bei uns sind, in jeder freien Minute in der ganzen Stadt Mauersegler verfolgt, und in unsere Seite eingetragen. Nebenbei habe ich natürlich auch versucht möglichst viele Mehlschwalben zu kartieren. Seit einigen Jahren haben wir auch immer mehr die Hausspatzen mitkartiert. Am Jahresende bekam das Umweltamt eine Exceltabelle über die Ergebnisse.
Jetzt habt ihr diese Daten nicht um des Sammelns Willen gesammelt, sie haben direkt einen praktischen Nutzen. Was kann dadurch erreicht werden?
Durch das Sammeln von Daten erreichen wir, dass Nistplätze nicht mehr so häufig und selbstverständlich zerstört werden können. Wenn wir von einer Sanierung wissen, oder ein Gerüst sehen, an dem Gebäudebrüter ihre Nester haben, wird der Besitzer informiert. Wenn die Nester nicht erhalten werden können, müssen künstliche Nisthilfen aufgehängt werden. Die Vögel stehen unter einem gesetzlichen Schutz. Nester von Schwalben und Mauerseglern sind ganzjährig geschützt. Auf diese Weise des Artenschutzes wurden mit Hilfe des Umweltamtes schon über 800 Nisthilfen aufgehängt. Die Gewobau hat an dieser Zahl einen großen Anteil. Die Ausstellung der Gewobau im zweiten Stock beschreibt den Artenschutz an Gebäuden von der Theorie in die Praxis.
Anfang 2019 wurdest du dann offiziell zur Gebäudebrüterberaterin der Stadt Erlangen ernannt. Kannst du bitte kurz die Entstehungsgeschichte dieses Titels erläutern?
Wir haben 2019 schon einmal eine Ausstellung zu Gebäudebrütern gezeigt, und zu diesem Anlass wurde ich ernannt, weil ich mich schon recht lange und oft mit dem Umweltamt für den Gebäudebrüterschutz engagiert hatte. Das kam dann auch in die Presse und ich musste Interviews geben. Jedes Mal, wenn mich ein Redakteur anrief, fragte er als erstes, was denn Gebäudebrüter wären. Sie sagten, in den Redaktionen war man immer am Rätseln und keiner konnte mit dem Wort etwas anfangen. Daran möchte ich allgemein etwas ändern. Diese Vögel leben so nah bei uns, dass es in unserer Verantwortung liegt, ob wir ihre Brutplätze erhalten oder zerstören.
Zu Beginn habe ich deine Passion für die Ausstellung verantwortlich gemacht. Wie kamst du auf die Idee, diese Ausstellung anzustoßen?
Seit einigen Jahren gibt es die bayernweite Gebäudebrüterseite „Botschafter Spatz“. Sie wurde von der Koordinationsstelle in München, die vom Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz finanziert wird, in Auftrag gegeben. Wir Franken hatten also schon zehn Jahre vor den Oberbayern eine Datenbank zu Gebäudebrütern!
Die Initiatorinnen in München hatten die Idee, eine Wanderausstellung zusammenzustellen, um auf Gebäudebrüter aufmerksam zu machen. Diese wird in ganz Bayern gezeigt und besteht aus Rollups, die auch hier zu sehen sind.
Nun ist hier noch viel mehr außer den Rollups zu sehen. Was kann derzeit in der Stadtbibliothek betrachtet werden?
Julia, Antje, und Christoph haben noch eigene Plakate mit Erlangen-Bezug entworfen, zusätzlich haben wir noch die Gewobau dazu gebeten, die in der Housing Area großen Taten vor allem für die Mehlschwalben, aber auch für die Mauersegler und Hausspatzen vollbracht hat.
Erst kürzlich haben wir dann von dem Flightcase, dem interaktiven Flugsimulator vom Max-Planck-Institut, erfahren. Das können wir glücklicherweise hier für vier Wochen zeigen.
Außerdem zeigen wir Präparate von Gebäudebrütern und Nistkästen, und Videos von Nistaktivitäten von den Nürnberger Wanderfalken am Sinwellturm und von den Mauerseglern in Schloss Ratibor in Roth.
Kannst du bitte das Tätigkeitsfeld der bereits vorhin erwähnten Koordinationsstelle beschreiben?
Ihre Aufgabe ist das, was wir hier machen, allerdings in größerem Stil, d.h. Beratungsarbeit und Sammeln von Brutplatzdaten. Gegründet wurde sie, weil man bayernweit mehr für die Gebäudebrüter tun wollte. Und zwar nicht nur für die Störche und Wanderfalken, sondern auch für die kleinen Gebäudebrüter wie die Schwalben, die Mauersegler und die Spatzen. Wie Sie vielleicht wissen, es stand schon des Öfteren in der Zeitung, gibt es in der Münchner Innenstadt nur noch eine einzige Hausspatzenkolonie. Sie ist mit mobilen Hecken ausgestattet und wird das ganze Jahr zugefüttert. Gründe für den Rückgang sind die Nachverdichtung und die vielen Baustellen. Hinzu kommt natürlich der Umstand, dass die Spatzen in Hohlräumen von Gebäuden oder zum Beispiel unter Ziegeln brüten. Ein Storchennest kann man nicht übersehen, aber ein Spatzennest eben schon. Und dann passiert es ganz schnell, dass die Nester unwissentlich zerstört werden. Deshalb kann und soll man in die Seite alle Gebäudebrüter eintragen, von deren Nistplatz man weiß. Denn wir können nur das schützen, was wir kennen.
„Nur schützen, was wir kennen“ ist ein gutes Stichwort, dazu möchte ich kurz anmerken: wir hoffen natürlich mit dieser Ausstellung das Wissen vieler Menschen auf diesem Gebiet zu vermehren und freuen uns, wenn Sie hiervon erzählen. Du bittest darum, über eingerüstete Gebäude und Sanierungspläne informiert zu werden. Insbesondere dann, wenn dort ein Brutplatz bekannt. Was machst du dann in so einem Fall?
Meist versuche ich als erstes herauszufinden, wer der Bauherr ist. Wenn es ein Gerüst gibt, steht da ja die Telefonnummer der Firma drauf und die informiere ich zuerst. Dann gibt man mir oft gleich die Nummer vom Bauleiter und denn geht die Information an das Umweltamt. Ohne das Umweltamt hier in Erlangen hätten wir nicht so einen großen Erfolg. Denn stell dir vor, du gehst als Ehrenamtlicher zur Baustelle und verlangst zum Beispiel einen Rückbau des Gerüstes, damit die Mauersegler oder Schwalben gut und sicher anfliegen können. Oder man sagt, dass Ersatznistkästen aufgehängt werden müssen. Das kann dann auch mal schwierig werden Seitdem ich mich Gebäudebrüterberaterin der Stadt Erlangen nenne, ist es einfacher geworden, dieser Titel ist sehr hilfreich für meine Arbeit. Aber letztlich liegen die ganzen rechtlichen Entscheidungen natürlich bei der Behörde. Aber ich kann die Bauleiter im Vorfeld natürlich informieren, sie beraten zu Nistkästen und entscheiden mir, wo diese dann aufgehängt werden.
Was siehst du als deinen oder unseren größten Erfolg an?
Wenn man nach Masse und Größe geht, ist es der Erfolg in der Housing Area. Man muss sich vorstellen, dass wir für 150 Mehlschwalben neue Nistplätze finden mussten. Die Schwalben nisteten unter dem Überstand des Schrägdachs an den Häuserblocks. Diese wurden aufgestockt und hatten danach ein Flachdach. Da die Schwalben extrem ortstreu sind, kam man auf die Idee, dieselben Überstände in der ursprünglichen Höhe als künstliche Module an jeweils eine Häuserreihe zu montieren. Das war ein sehr großer Erfolg. Waren die Mehlschwalbenkolonien in der Innenstadt und in Alterlangen 2021 stark zurückgegangen, zählte ich in der Housing Area im Herbst über 100 besetzte Nester.
Meinen größten Erfolg sehe ich darin, dass ich mit meinem langjährigen Engagement so viel erreichen konnte. Das möchte ich hiermit auch mal zum Anlass nehmen, und mich bei meinem Verband, dem LBV bedanken, der mich darin auch immer sehr unterstützt hat. Als ich anfing, fragte keiner „kannst du das, traust du dir das zu“. Es wurde mir einfach übergeben, und ich konnte damit etwas machen. Und deshalb möchte ich hier alle, die sich für etwas engagieren wollen dazu aufmuntern, einfach anzufangen und sich nicht von Schwierigkeiten oder anfänglichen Misserfolgen schnell wieder entmutigen zu lassen.
Ich danke dir sehr für den spannenden Einblick in deine Arbeit und für deine Arbeit an sich!
Dieses kurze Video gibt euch ein paar Einblicke in die Ausstellung:
Redaktion
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