Die Ausstellung „Volk Gesundheit Staat” über die Gesundheitsämter im Nationalsozialismus war vom 7. Dezember 2023 bis 30. Januar 2024 in der Stadtbibliothek Erlangen zu sehen.
Ausstellung: Volk Gesundheit Staat
In der Zeit des Nationalsozialismus spielten die Gesundheitsämter eine zentrale Rolle in der Gesundheitspolitik und wurden zu Schaltzentralen in der „Erb- und Rassenpflege“ ausgebaut, die die biologistischen bevölkerungspolitischen Vorstellungen und Zielsetzungen des Staates umsetzen sollten. Die Wanderausstellung wurde im Auftrag von BVÖGD und Bundesministerium für Gesundheit erarbeitet und präsentiert Tätigkeitsbereiche der Gesundheitsämter während des Nationalsozialismus am Beispiel der Länder Thüringen und Württemberg. Sie wird ergänzt um einen Einblick in den öffentlichen Gesundheitsdienst in Erlangen im 19. und 20. Jahrhundert.
Veranstalter ist das ZSL Erlangen in Kooperation mit Stadtbibliothek, Stadtarchiv und gruppo diffuso.
Vernissage
Zur Ausstellungseröffnung am 7. Dezember hielt Dr. Astrid Ley (Gedenkstätte Sachsenhausen) einen Vortrag zum staatlichen Gesundheitsamt im Nationalsozialismus. Sie stellte die Aufgaben der Amtsärzte in der sogenannten Erbgesundheitspflege mit besonderem Blick auf die Erlanger Einrichtung dar.
Rahmenprogramm
„Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen“ – Zur Kontinuität bioethischer Denkweisen und Praktiken aus der Perspektive Behinderung
Vortrag von Prof. Petra Fuchs (Expertin für Inclusion Studies)
9. Januar 2024, 19 Uhr, Stadtbibliothek, Bürgersaal, Marktplatz 1
mit Übersetzung in Gebärdensprache
Vor dem Hintergrund der NS-Medizinverbrechen an behinderten Menschen fragt der Vortrag nach dem heutigen Umgang der Gesellschaft mit Behinderung. Wo zeigen sich Prozesse der Selektion? Welche Bedeutung kommt Verfahren wie dem Bluttest auf Trisomie 21 (Down-Syndrom) zu, und welche Konsequenzen hat dessen Anerkennung als Kassenleistung? Mit welchen Folgen ist der medizinisch assistierte Suizid für behinderte, alte und demente Menschen verbunden?
Hinter hohen Anstaltsmauern verborgen: Die Heil- und Pflegeanstalt in ihrem städtischen Umfeld
Vortrag von Dorothea Rettig, M.A. (Stadtarchiv Erlangen)
16. Januar 2024, 19 Uhr vhs, Friedrichstraße 19, Historischer Saal, Anmeldung über www.vhs-erlangen.de
Die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen war während der Zeit des Nationalsozialismus zwar in vielen Bereichen wirtschaftlich autark aber zugleich eng in ihr städtisches Umfeld eingebunden. Voraussetzung für die Verbrechen an behinderten und psychisch kranken Menschen war ein Erlass Hitlers – aber auch ein engmaschiges Netz von Helfern außerhalb der Anstalten, die bereit- willig dazu beitrugen, diesen in die Tat umzusetzen. Der Vortrag wird die Verflechtungen der Heil- und Pflegeanstalt mit verschiedenen Akteuren und Institutionen in Erlangen herausarbeiten.
Nebel im August
Film und Gespräch
23. Januar 2024, 18 Uhr, vhs, Friedrichstraße 19, Großer Saal, Anmeldung über www.vhs-erlangen.de
Süddeutschland Anfang der 1940er Jahre: Der 13-jährige Ernst Lossa ist der Sohn einer jenischen Familie, der als „nicht erziehbar“ gilt und in eine Nervenheilanstalt abgeschoben wird. Das auf der gleichnamigen Romanbiografie über Ernst Lossa (1929 – 1944) fußende Drama setzt eindrucksvoll den Glücksanspruch und den Widerstand des Protagonisten gegen die Verbrechen der Täter mit einer dramatischen Lichtführung ins Bild. Der Film vermittelt eindringlich, was passiert, wenn sich das Leben nach Kriterien der Nützlichkeit für eine Gesellschaft bestimmt.
Gedenkveranstaltung der Stadt Erlangen
28. Januar 2024, 11 Uhr, Stadtbibliothek, Bürgersaal, Marktplatz 1
Anlässlich des Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust wird Prof. Michael von Cranach unter der Überschrift „Den Opfern einen Namen geben“ über seine Forschungsarbeit zur NS-„Euthanasie“ sprechen.
„Eine schwere Versündigung […] gegen die Grundgebote der Ethik“ – Zwangssterilisationen und Abtreibungen in der Frauenklinik im NS und ihr historischer Kontext
Vortrag von Prof. Matthias W. Beckmann (Frauenklinik Erlangen)
mit Übersetzung in Gebärdensprache
31. Januar 2024, 19 Uhr, Krankenhausstr. 12, Gebäude C, Kleiner Hörsaal der Frauenklinik
Zwischen 1933 und 1945 haben Ärzte der Frauenklinik an mindestens 513 Mädchen und Frauen Zwangssterilisationen durchgeführt, dabei 13 Schwangerschaften abgebrochen und daraus wissenschaftliches Kapital geschlagen. In den letzten beiden Kriegsjahren nahmen sie zudem in mindestens 136 Fällen ideologisch motivierte gesetzeswidrige Abtreibungen bei „Ostarbeiterinnen“ vor. Der Vortrag informiert über Hintergründe dieser Medizinverbrechen, ihre zögerliche Aufarbeitung und den beschämenden Umgang mit den Opfern bis in die Gegenwart.
Veranstaltungsprogramm als Flyer
Redaktion
Neueste Artikel von Redaktion (alle ansehen)
- Praktikum in der Stadtbibliothek: Die zentrale Bedeutung der modernen Öffentlichen Bibliothek – 2. Dezember 2024
- Von Erlangen bis zu den Ozeanen – 26. November 2024
- Praktikum in der Stadtbibliothek: Tagebuch eines FaMI-Auszubildenden – 21. November 2024
- Toter Winkel: Karikaturen von Ohannes Şaşkal – 22. Oktober 2024
- Im Fokus: Meine Stadt – 28. August 2024
Schreibe einen Kommentar