Warschauer Aufstand 1944 und seine Pfadfinderpost – 75-jähriges Jubiläum und 35 Jahre Deutsch-Polnische Pfadfinder*innenkontakte: Eine Ausstellung des Pfadfinder-Förderkreises Nordbayern e.V. in der Stadtbibliothek Erlangen vom 5. Juli bis 17. September 2019. Gastbeitrag von Harald Rosteck.
Worum geht es in der Ausstellung?
Der Inhalt der Ausstellung reicht von der Besetzung Polens im Jahre 1939 über den Warschauer Aufstand im Jahre 1944 bis zur Zerstörung Warschaus. Wir beleuchten die Rolle der Pfadfinderpost während des Aufstandes, aber auch die Entstehung der Deutsch-Polnischen Pfadfinder*innenkontakte. Die Besucher*innen lernen einen Teil der deutsch-polnischen Geschichte kennen und verstehen, dass die heutigen deutsch-polnischen Beziehungen durch die deutsch-polnische Vergangenheit geprägt werden.
Die Ausstellung versteht sich als ein Beitrag zur politischen Bildung. Angesprochen werden insbesondere Schulklassen und Jugendgruppen in Erlangen und in der nordbayerischen Metropolregion Nürnberg. Die Ausstellung ist so konzipiert, dass diese auch an anderen Orten gezeigt werden kann, für die schon Anfragen vorliegen.
Die Ausstellung umfasst 21 große Bildtafeln (Plakate) mit QR-Codes für weitergehende Informationen, Stellwände und Vitrinen. Wir zeigen Stempelabdrücke, die nur sechs Mal weltweit vorhanden sind. Ein Hörspiel versetzt die Zuhörer*innen in die Lebenssituation von Jugendlichen während des Warschauer Aufstandes. Auf einer Stellwand kann man Vorschläge niederschreiben, wie die deutsch-polnischen Beziehungen verbessert werden könnten. Mit den Stempelrepliken der Pfadfinderpost, die extra angefertigt wurden, können Besucher*innen Postkarten stempeln und mit nach Hause nehmen. Die Mitteilungen an die Ausstellungsmacher können in den Briefkastennachbau aus dem Jahre 1944 eingeworfen werden. In der Broschüre zur Ausstellung sind alle wichtigen Fakten und Bilder enthalten.
Wie kam es zu der Ausstellung?
Wir starteten mit den konkreten Planungen vor einem Jahr. Die ersten Ideen zu einer Ausstellung entstanden aber schon viel früher, als ich in den achtziger Jahren auf Einladung des polnischen Pfadfinder/innenverbands (Związek Harcerstwa Polskiego, ZHP) an einem internationalen Forum in Olesnica bei Breslau teilnahm. Dort sprach ich mit Pfadfinder*innen, die am Warschauer Aufstand beteiligt waren.
Die Basis für die Ausstellung sind die Unterlagen von Gottfried Steinmann (Verfasser der Broschüren „Der Warschauer Aufstand 1944 und seine Pfadfinderpost“ und „Pfadfinder im polnischen Untergrund 1939 – 1945 – 1956“), die Texte und Bilder des Widerstandsmuseums (Muzeum Powstania Warszawskiego) in Warschau und des Pfadfindermuseums (Muzeum Harcerstwa) in Warschau. Darüber hinaus stammen umfangreiche Unterlagen aus meiner Privatsammlung. Ergänzt wurden die Materialien durch Vor-Ort-Recherchen in Warschau und mit Aussagen von Zeitzeug*innen und Historiker*innen.
Neben der großen Anzahl von Partnern und Unterstützern sind insbesondere das polnische Generalkonsulat in München und der polnische Pfadfinder/innenverband hervorzuheben.
Klaus Dieter Steinbrecher war derjenige, der in den achtziger Jahren die ersten Kontakte zu polnischen Pfadfinder*innen in Krakau suchte. Zu dieser Zeit herrschte das Kriegsrecht in Polen und die Pfadfinder*innen hatten die Erlanger Bevölkerung aufgerufen, für die polnische Bevölkerung zu spenden. Mit den Spendengeldern haben wir Pakete gepackt und vor Ort über die polnischen Pfadfinder*innen an die Krakauer Bevölkerung verteilen lassen. Hieraus entstanden Kontakte, die über Jahre gepflegt wurden und bis heute noch andauern.
Was wollen wir mit der Ausstellung und dem Bildungsprojekt erreichen?
Die Jugendlichen sollen sich selbstständig mit den verschiedenen Aspekten auseinandersetzen:
- Zweiter Weltkrieg, Besetzung Polens, Warschauer Aufstand, Widerstandsursachen
- Gründe, warum Jugendliche im Widerstand kämpften
- Kämpfen auch heute noch Jugendliche mit der Waffe?
- Ich als Jugendlicher in dieser Situation, wie würde ich mich verhalten?
- In Zeiten des Smartphones und des Internets: Warum war der Postdienst während des Aufstand so wichtig?
- Warum wurde der Postdienst gerade durch die Pfadfinder*innen sichergestellt?
- Welchen Stellenwert haben der Aufstand und sein Postdienst in Polen heute?
- Die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen bis heute
- Die Freundschaft der deutsch-polnischen Pfadfinderverbände begann in Zeiten des polnischen Kriegsrechts: Was waren die Auslöser und die Gründe dafür?
- Was kann ich dafür tun, dass es nicht zur Ausgrenzung bis hin zu einem Krieg kommt, nur weil Menschen anders aussehen, eine andere Sprache sprechen oder einer anderen Religion angehören?
- Was kann ich dafür tun, um die heutigen deutsch-polnischen Beziehungen zu verstehen?
Uns liegt es am Herzen, dass wir nicht nur einen Blick in die Vergangenheit werfen, sondern mit dem Wissen über das Geschehene gemeinsam Zukunft gestalten.
Redaktion
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