Ich habe mit Freund*innen einen digitalen Buchclub ins Leben gerufen. Hier berichte ich euch, wie wir auf die Idee kamen, warum wir uns digital treffen, wie unsere Meetings ablaufen und warum ich den Buchclub toll finde.
Von der Idee zur Praxis: Die Geburtsstunde des Buchclubs
Ende 2020 kam ein Freund auf die Idee, einen Buchclub zu gründen und erzählte mir davon. Von Anfang war ich begeistert von dem Gedanken und schlug vor, dass wir in unserem Freundeskreis herum fragen, wer sich uns anschließen möchte. Letztlich waren wir insgesamt sechs Freund*innen, die gemeinsam unseren Buchclub ins Leben riefen. Neben der Tatsache, dass wir sechs alle gerne lesen und mit Anderen über Bücher sprechen, war auch die andauernde Corona-Pandemie ein Grund dafür, den Buchclub entstehen zu lassen. Da zum Zeitpunkt der Gründung das Offen-Bleiben der Schulen keine Garantie war und man sich dadurch nicht regelmäßig sehen konnte, kam die Idee eines Buchclubs sehr gelegen, um etwas Alltag und Routine in die Ausnahmesituation zu bringen. Da wir alle noch keinen Führerschein hatten und jeweils in verschiedenen Dörfern im ländlichen Raum wohnten, beschlossen wir gemeinschaftlich, den Buchclub nicht in Präsenz zu halten, da sich das schwierig gestalten würde. Stattdessen treffen wir uns online, mit der Online-Videoplattform Discord, da wir dadurch unabhängig und ortsungebunden sind. Auch die Pandemie und die Kontaktbeschränkungen beeinflussten den Fortbestand unseres Buchclubs nicht, als dieser online stattfand.
Aller Anfang ist schwer: Wie führt man einen Buchclub?
Dieser Frage mussten wir uns stellen, als es darum ging, sich online zu treffen und über Bücher zu sprechen. Führen wir Regeln ein, und wenn ja – Welche? Wie orientiert man sich? Worüber spricht man? Auch diese Fragen spukten in unseren Köpfen herum. Wir alle haben unterschätzt, wie schwierig es zu Beginn ist, über ein Buch zu reden, wenn man das vorher in einem solchen Rahmen noch nie getan hat. Da wir alle wenig Vorstellung und noch weniger Ahnung hatten, wie andere Gruppen Buchclubs führen, suchten wir im Internet und fanden einen Fragebogen, den wir an unsere Vorstellungen und Wünsche angepasst haben. Darunter sind Fragen, wie man sich einen bestimmten Charakter oder Ort vorstellt oder welche Eigenschaften am (Haupt-)Charakter positiv und negativ auffallen. Auch die Frage, wie es mit dem Buch weitergehen könnte, nahmen wir in unseren Fragebogen mit auf. Diese Fragen nutzten wir anfangs dazu, um über das Buch zu reden.
Schritt 1: Buchvorschläge sammeln und Abstimmung
Jedes Mitglied kann mindestens einen Buchvorschlag in unsere WhatsApp-Gruppe schicken. Wichtig dabei ist, dass man sowohl den Buchtitel als auch den Inhalt des Buches gleichermaßen sieht, damit jede*r eine Übersicht über das Buch erhält. Wenn wir alle Vorschläge gesammelt haben, beginnen wir mit der Buchabstimmung. Bei vielen Vorschlägen hat jede Person drei Stimmen, und kann diese auf die Vorschläge, die er*sie gerne lesen würde, aufteilen. Bei weniger Vorschlägen hat jede teilnehmende Person nur eine Stimme. Sollte es ein Unentschieden zwischen mehreren Titeln geben, geht die Abstimmung mit jeweils einer Stimme pro Person in die zweite Runde. In der Regel lässt sich spätestens jetzt ein Buch finden, das wir als nächstes lesen.
Schritt 2: Das Lesen
Im Gegensatz zu anderen Buchclubs, die ein Buch beenden und anschließend über das gesamte Buch reden, handhaben wir das in unserem Buchclub anders. Da der Buchclub unter anderem aus der Idee heraus entstanden ist, sich trotz der Corona-Pandemie regelmäßig zu sehen, trafen wir die Entscheidung, das Buch in Abschnitten zu lesen. Durch dieses Einteilen und Unterteilen des Buches bietet sich uns die Möglichkeit, sich wöchentlich über den gelesenen Abschnitt zu unterhalten und dadurch auch wöchentlich miteinander zu sprechen. Gerade jetzt, da wir uns nach dem Schulabschluss vor zweieinhalb Jahren nicht mehr regelmäßig in der Schule sehen, ist das eine tolle Möglichkeit, stets über das Leben seiner Freunde informiert zu bleiben.
Je nach Lesezeitpensum der Mitglieder passen wir den zu lesenden Abschnitt so an, dass alle den Abschnitt in einer Woche lesen können. Meistens fallen die Abschnitte um die 100 Seiten aus, bei einem höheren Lesepensum oder einem längeren Zeitraum können es auch um die 150 Seiten werden, bei einem geringeren Lesepensum können es zwischen 50 und 80 Seiten sein.
Schritt 3: Das Besprechen und unsere Meetings
Wir treffen uns Sonntagabend auf Discord um über den aktuellsten Buchabschnitt zu reden. Normalerweise reden wir zunächst über private Dinge, erkundigen uns bei den anderen, wie es ihnen geht und was es Neues in ihrem Leben gibt. Nach dem Catching-Up fangen wir dann an, über das Buch zu reden. Mittlerweile sind wir auch schon etwas geübter in den Buchbesprechungen, weswegen wir die Fragen, an denen wir uns zu Beginn noch orientiert haben, nicht mehr benötigen. Uns fallen viele Dinge ein, über die wir sprechen wollen oder wo uns die Meinung der anderen interessiert, weswegen der Fragebogen lange Zeit keinen Gebrauch mehr gefunden hat. Trotzdem ist es nützlich diesen noch auf dem Discord-Server zu haben, falls eine Redeflaute herrschen sollte.
Warum ich den Buchclub toll finde
Während der letzten drei Jahren haben wir im Buchclub schon über zwanzig Bücher gelesen. Dadurch, dass zu jeder Abstimmung jede*r von uns sechs mindestens einen Buchvorschlag machen kann und wir alle einen etwas anderen Buchgeschmack und Präferenzen haben, kommen Vorschläge aus den unterschiedlichsten Genres zusammen. Neben ein paar Klassikern lasen wir auch Bücher aus den Genres Fantasy, Science-Fiction, Krimis, Thriller und Romane.
Der Buchclub hat mir dabei geholfen, meinen Horizont in der Buchwelt zu erweitern und auch Bücher zu lesen, die ich im Privatem ohne den Buchclub eher nicht in die Hand genommen hätte.
Ich bin dem Buchclub dafür dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, mit Freund*innen über Bücher zu reden, die wir gemeinsam gelesen haben. Der Buchclub hat meine Perspektive verändert, wie ich Bücher lese. Normalerweise würden mir beim Lesen die kleinen Details nicht ins Auge springen. Doch durch den Buchclub änderte sich mein Leseverhalten. Nun gebe ich auch in Büchern, die ich ohne den Buchclub lese, darauf acht, zu welchen Stellen ich etwas in der Buchbesprechung sagen möchte. Hierdurch lese ich auf eine gewisse Weise aufmerksamer als noch vor der Gründung des Buchclubs und achte bewusster auf inhaltliche Kleinigkeiten, da ich diese mit Freund*innen teilen kann.
Über mich
Hallo, mein Name ist Annika Volk und ich studiere Buchwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Im Rahmen meines Studiums soll ich ein insgesamt achtwöchiges Praktikum in den Bereichen Bibliothek, Verlag, Lektorat oder Buchhandel absolvieren. Vier Wochen dieses Praktikum bestritt ich in der Stadtbibliothek Erlangen, um einen Einblick in die Bibliotheksarbeit zu erhalten. Nach einigen Recherchen, wo ich mein Praktikum ableisten könnte, fiel mir wieder ein, dass ich oft den Bücherbus am Hugenottenplatz stehen sehe, wenn ich auf dem Weg zur Uni bin. Daraufhin recherchierte ich, ob man in der Stadtbibliothek ein Praktikum absolvieren kann und fragte sofort an.
Redaktion
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