Ulrike Wiese und Guido Vogt reisten ein Jahr durch Deutschland, um Bibliotheken zu fotografieren. Die eindrucksvollsten Bilder wurden vom 20. September bis 16. Oktober 2018 in der Stadtbibliothek Erlangen gezeigt.
Ich habe mich mit den beiden unterhalten und wollte vor allem wissen:
Was ist das Besondere an Bibliotheken?
Bitte stellen Sie sich doch kurz vor!
Guido Vogt: Ich komme aus Essen und habe 18 Jahre in Frankfurt gelebt und bei Siemens/Areva gearbeitet. Seit 2016 arbeite ich in Erlangen und wohne in Nürnberg. Ich habe schon als Kind analog fotografiert. Seit drei Jahren fotografiere ich recht intensiv, hauptsächlich Architektur und Industrie. Ich fotografiere nur mit Stativ. Ulrike Wiese habe ich beim U-Bahn-Projekt kennengelernt. Da waren wir immer nachts unterwegs.

Ulrike Wiese: Ich bin in Heidelberg aufgewachsen. Ich bin gelernte Buchhändlerin und Bibliothekarin. In Berlin habe ich bei einem wissenschaftlichen Verlag gearbeitet. Nach einer kurzen Station in München bin ich 1966 nach Erlangen gekommen. Schon als Schülerin habe ich viel fotografiert und die Fotos im Badezimmer selbst entwickelt. Meine Leidenschaft für die Fotografie wurde dann wieder im Erlanger SeniorenNetz geweckt. Dort haben wir uns 1990 gemeinsam eine Digitalkamera gekauft. Und ich fand toll, dass man die Bilder gleich sehen kann. Nach und nach habe ich mich ebenfalls auf Architekturfotografie spezialisiert.
Sie haben sich Bibliotheken als Fotomotiv ausgewählt. Wie kam es dazu?
Ulrike: Ich habe Ihnen aus Arhuus ein Bild geschickt. Und da haben Sie mich gefragt: Wollen Sie nicht mal eine Ausstellung zu Bibliotheken machen? Ich habe auch schon vorher moderne Bibliotheken fotografiert: Stuttgart, Freiburg, Cottbus.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Bibliotheken ausgewählt?

Guido: Für mich steht steht die moderne Architektur im Fokus: Strukturen, Lichthöfe, Treppenaufgänge, Hallen. Die Bibliotheken habe ich teilweise über die Google Bildersuche entdeckt.
Ulrike: Ich habe auch ältere Bibliotheken fotografiert. Auch wenn mich moderne Architektur begeistert, gehören auch die historischen Bibliotheken mit ihrem besonderen Flair dazu. Ich habe mich nicht nur auf die Architektur gestürzt, sondern mich hat die Bibliothek insgesamt interessiert.
Guido: In einigen Bibliotheken durften wir nicht fotografieren, z.B. in der Philologischen Bibliothek der FU Berlin. In einigen Bibliotheken durfte man nur in Foyers rein. In der Bayerischen Staatsbibliothek hätten wir nur das Treppenhaus fotografieren dürfen. Auch die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt hat uns keine Erlaubnis zum Fotografieren gegeben.
Ulrike: Andere waren wiederum ganz begeistert und sehr hilfsbereit.
Welche Bibliotheken haben Sie am meisten beeindruckt?

Guido: Stuttgart, Cottbus, Freiburg UB. Die Grimm-Bibliothek war auch genial. Die haben mich einfach nachts reingelassen. Da war ich ganz allein.
Ulrike: Die Stuttgarter Bibliothek ist ganz wunderbar, aber sie wurde schon fast zu oft fotografiert. Die Bibliothek der geisteswissenschaftliche Fakultät in Frankfurt hat mir auch sehr gefallen. Und in Dresden, die Bibliothek von der TU ist auch ganz toll. Und Leipzig die Nationalbibliothek natürlich. Die in Darmstadt (TU) ist auch toll. Die war sowas von voll.
Warum sind Bibliotheken für Fotografinnen und Fotografen so reizvoll?
Ulrike: Es gibt Leute, die um die Welt reisen, um Bibliotheken zu fotografieren. Ich habe dem Rektor vom ASG jahrelang einen Bibliothekskalender geschenkt.

Guido: Der Wandel von Bibliotheken ist auch für Fotografen sehr reizvoll. Viele Bibliotheken sind Anziehungspunkte einer Stadt geworden, überhaupt die Aufenthaltsbereiche werden aufgewertet. Es gibt weniger Bücherregale, dafür mehr Lesezonen.
Ulrike: Die haben alle Platz. Jetzt sind da leere Regale. Wenn man mal in einen Lesesaal hineinkommt ist der oft randvoll und alle haben einen Stapel Bücher neben sich. Was mich fasziniert hat, dass es jetzt so viele abschließbare Glaskämmerchen gibt, wo die Leute studieren können. Ich fand es sehr spannend, und ich habe versucht meistens auch Bücher im Bild dabei zu haben. In Cottbus habe ich natürlich tausend Fotos von der Treppe gemacht, logisch.
Gab es etwas, was sie überrascht hat?

Guido: Bilder sind die eine Sache. Aber wenn man selbst in einer außergewöhnlichen Bibliothek steht, hat das noch einmal eine ganz andere Wirkung. Diese großen Säle und Foyers: Was das für eine Wirkung hat, kann man auf den Bildern gar nicht so richtig fühlen. Auf der anderen Seite: Durch die Weitwinkelaufnahmen und Lichtreflexe ermöglichen die Fotos einen anderen Blick auf die Räume. Denn manches sieht man mit den Augen nicht und kommt nur auf den Fotos raus. Das sind dann schon Bilder, die recht eindrucksvoll sind.
Ulrike: Ein paar Bibliotheken habe ich die Bilder schon gesendet und dann waren sie auch ganz beeindruckt. Da waren Effekte, die sie so auch noch nicht gesehen haben.
Guido: Die Bibliothek in Potsdam wollte, dass ich ein Model mitbringe. Da habe ich gesagt: ich habe keine Models und will keine Leute auf dem Bild haben.
Ulrike: Also ich finde es spannend, wenn Leute auf dem Bild sind.
Jedenfalls hat im Großen und Ganzen alles gut geklappt. Und die allermeisten Bibliotheken waren wirklich sehr erfreut und hilfsbereit. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken!

Marlene

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