Hannah hält das Buch "Lore und die letzten Tage" hoch© Stadtbibliothek Erlangen

Mein Lesetipp: Lore und die letzten Tage

Die Besucher*innen unserer Kriminacht Anfang Dezember konnten den Autor Killen McNeill mit einer Kurzgeschichte live erleben. Das aktuelle Buch des Wahlfranken ist mein Lieblingsbuch diesen Jahres, deswegen möchte ich es euch vorstellen.

Um was geht es?

Killen McNeill ist gebürtiger Ire, der als Austauschstudent in den 70’ern nach Erlangen kam und der Liebe wegen in Franken blieb. Auf einer Wanderung sah er Kriegsgräber von einigen jungen Soldaten aus den letzten Kriegstagen. Daraufhin recherchierte er, was sich zu dieser Zeit in Franken abspielte. Das Ergebnis ist der mitreißende und berührende Roman über Lore.

Die Protagonistin, ein 15-jähriges Mädchen, ist endlich alt genug, um als Mitglied im „Bund deutscher Mädel“ auf einen Arbeitseinsatz geschickt zu werden. So kommt sie von ihrer Heimatstadt über den Sommer nach Seilar, einem fiktiven Dorf in der Nähe von Iphofen, um dort als Erntehelferin auf dem Bauernhof der Familie Waigandt zu arbeiten. Anfangs leidet sie unter starkem Heimweh und stellt fest, dass sie keine Hilfe, sondern durch ihre Ahnungslosigkeit eine Belastung für die Familie ist. Gut, dass auf dem Nachbarhof zwei Hitlerjungen als Erntehelfer beschäftigt sind, die Lore die Arbeit zeigen. Zwischen einem von beiden – Anton – und Lore bahnt sich sogar eine Liebesbeziehung an. Doch als der Sommer endet, verlässt Lore die Familie Waigandt. Sie kehrt zurück nach Erlangen, wo sie in der Kinderklinik eingesetzt wird. Nach der Nürnberger Bombennacht am 2. Januar 1945 sucht sie in der apokalyptischen Szenerie der zerstörten Stadt nach ihrer Mutter und ihrer Großmutter, die aber beide ums Leben gekommen sind. Verzweifelt flieht Lore nach Seilar und wird von der Familie Waigandt wieder aufgenommen. Auch Anton trifft sie dort wieder und ihre junge Liebe wächst. Doch langsam beginnt auch bei den jungen Leuten der Glaube an den Endsieg zu wanken. Da in Seilar auch eine SS-Garnison stationiert ist, spitzt sich die Lage in den letzten Kriegstagen dramatisch zu: die kriegsmüden Einwohner wollen nicht bis zum Tod ihr Dorf verteidigen, doch die SS droht, alle „Verräter“ zu exekutieren…

Jahrzehnte später wird Lore zu einer Gedenkveranstaltung zum Kriegsende nach Seilar eingeladen. Doch die dort dargestellten Ereignisse decken sich nicht mit ihrer Erinnerung.

Mein Fazit

An diesem sprachlich sehr schönen Roman beeindruckt mich besonders Lores charakterliche Entwicklung. Als naives indoktriniertes Mädchen kommt sie nach Seilar, doch die Schrecken des Krieges zwingen sie, schnell erwachsen zu werden. Es dauert lange, bis gerade die jungen Menschen hinter die Propaganda blicken. Mit welchem Mut und persönlichen Einsatz sie aber versuchen, einen guten Ausgang aus der brisanten Situation zu finden, beeindruckt aber sehr. Auch zeigt der Roman, dass das Leben niemals nur dramatisch ist. Die schönen und leichten Momente finden genauso ihren Platz und machen die Geschichte nur umso realistischer. Killen McNeill hat außerdem viel recherchiert zu dem Kriegsende rund um Iphofen. Der Vormarsch der Amerikaner, das Vorgehen der SS und auch Einzelschicksale von Zivilisten fließen in die Geschichte im erfundenen Ort Seilar mit ein. Insgesamt ein sehr schöner Roman, den man gar nicht mehr aus der Hand legen möchte…

Jetzt lesen

Killen McNeill: Lore und die letzten Tage / ars vivendi, 2023. – 239 Seiten

© Stadtbibliothek Erlangen
E-Book ausleihen
The following two tabs change content below.

Hannah

Mal über den eigenen Tellerrand hinausschauen – das ist mir wichtig. Deshalb liebe ich meine Arbeit – man ist immer in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen. Und auch beim Lesen, Musik hören und Filme schauen kann ich meiner Neugier freien Lauf lassen. In der Stadtbibliothek bin ich zuständig für die Musikbibliothek und genieße es, mein Hobby auch beruflich ausleben zu können. Privat findet man mich oft in der Natur, auf Spielplätzen oder mit einem Buch in der Hand. #naturverbundene #musicinthehead #booklover

Neueste Artikel von Hannah (alle ansehen)


Beitrag veröffentlicht am

in

,

von


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert