Selim Özdogan: Der die Träume hört

Mein Lesetipp: Der die Träume hört

Özdogans außergewöhnliche Roman gibt Einblicke in die Lebenswelt von jungen Menschen, die von der restlichen Gesellschaft abgehängt sind.

Um was geht es in dem Krimi “Der die Träume hört” von Selim Özdogan?

Der deutsch-türkische Autor gibt uns mit seinem lesenswerten Krimidebüt Einblick in das prekäre Getto-Milieu der dritten Emigrantengeneration in Deutschland. Der Alltag der jungen Deutsch-Türken ist geprägt von Frustration, Wut, Sehnsucht, Gras und Hip-Hop. Wichtig ist der soziale Aufstieg, egal ob auf legale oder kriminelle Weise. Die Jugendlichen, Schwarzköpfe genannt, wollen raus aus den tristen Trabantenstädten, weg aus dem verrufenen Westmark, wo Drogenhandel und Schutzgelderpressung florieren. Nizar gelingt der Ausstieg. Er hat nur noch Kontakt zu seinem alten Viertel wegen seiner türkischen Pflegemutter Sevgi, deren Sohn Kamber in die Kriminalität abgerutscht ist. Nizar wird Privatermittler für Online-Kriminalität und erhält den Auftrag, den Darknet-Dealer Toni_meow aufzuspüren, an dessen verkauften Drogen ein Teenager gestorben ist.  Gleichzeitig erfährt Nizar völlig überraschend von der Existenz seines siebzehnjährigen Sohnes namens Lesane, der in Westmark dealt, sich mit Gangstern eingelassen und dort hohe Schulden hat. Nizar übernimmt den gutbezahlten Auftrag und versucht damit auch seinen Sohn zu retten. Spannend und interessant zu lesen sind die Recherchen, die Nizar in die verschiedenen Plattformen des Darknet führen. Er wird in kriminellen Foren aktiv und mischt wieder auf der Straße mit. Gut herausgearbeitet wird, dass Drogenhandel auch im Netz ein schmutziges Geschäft ist.

Mein Fazit:

Die Dialoge sind eine Mischung aus Kiezdeutsch und Rapper-Slang und wirken authentisch. Es ist eine maskuline Welt, in der es um Kampf, Anerkennung und Loyalität geht und Hip-Hop und Rap Orientierung geben. Die Härte und die wütende Energie des Rap stehen im Gegensatz zu den feinen Tönen und der Sympathie des Autors zu seinen Protagonisten, die man deutlich spürt.

Özdogan hat einen außergewöhnlichen Roman geschrieben, der interessante Einblicke gibt in die Lebenswelt von jungen Menschen, die von der restlichen Gesellschaft abgehängt sind und eigene Regeln und Rituale aufgestellt haben.

Und jetzt lesen:

Selim Özdogan: Der die Träume hört / Edition Nautilus, 2019. – 287 Seiten

© Stadtbibliothek Erlangen

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Christine L.

Seit 2022 genieße ich meinen Ruhestand. Davor war ich Beauftragte für zielgruppenspezifische Bibliotheksarbeit. Ich mag Sprachen und lese oft englischsprachige Bücher. #Vielleserin #Netzwerkerin #Sprachfreundin

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