Das Buch "Kleinhirn an alle" steht zwischen zwei Plüsch-Ottifanten.

Mein Lesetipp: Kleinhirn an alle

„Ohr an Großhirn. Ohr an Großhirn. Musste gerade das Wort ‚Saufkopf‘ entgegennehmen.“
„Großhirn an Ohr! Von wem?“
„Ohr an Großhirn. Ich kann nichts sehen! Mal Auge fragen.“

Nicht nur für Menschen, die diesen Monolog „Das Wunder des Ärgerns“ wie ich auswendig vortragen können, ist „Kleinhirn an alle – Die große Otto-Biografie“ von Otto Waalkes lesenswert. Rechtzeitig zu seinem 70. Geburtstag hat der Ottifantenerfinder, Maler, Sänger, Schauspieler und Alleinunterhalter seine Autobiografie veröffentlicht. Von seiner Kindheit über erste Auftritte bis hin zur Ottomania erzählt er alle Stationen seines Lebens. Auch Kapitel wie seine gescheiterten Ehen lässt er nicht aus.

Ich bin ein kleiner Friesenjung‘ und ich wohne hinter’m Deich

Otto beginnt von ganz vorne, als ein Junge in einem Vorort von Emden geboren wird, und bald sein Talent dafür entdeckt, andere zum Lachen zu bringen. Selbst eingefleischte Fans wie ich erfahren hier noch einiges Neues. Es ist überraschend, wie viel Glück bei seinen verschiedenen Karrierestationen im Spiel war. Komiker oder Comedian wie es heute heißt, war schließlich zu Ottos Jugendzeit noch kein Beruf, von dem man leben konnte.

Otto bettet seine Berichte von den Anfängen der Ottomania und ihrem Höhepunkt stets ein in die Hintergründe und Verhältnisse der damaligen Zeit, sodass man nebenbei noch einiges über die Entwicklung der deutschen Komikerszene erfährt. Er beschreibt seine Erfolge und auch die Misserfolge bis heute. Vor Selbstkritik scheut er dabei nicht zurück, etwa wenn er über seine gescheiterten Ehen schreibt.

Nicht nur für Ottifanten lesenswert. © Stadtbibliothek Erlangen

Das ganze Buch ist trotzdem – wie zu erwarten – im humoristischen Stil geschrieben und mit vielen Bildern von Ottos Kindheit bis heute versehen. Deutlich kommt dabei auch eines von Ottos wichtigsten Merkmalen zum Vorschein: seine Authentizität. Otto Waalkes ist eben keine Kunstfigur, kein blödelnder Ostfriese, den er nur für die Bühne erschaffen hat. Er ist einfach Otto, der privat kein anderer ist als in einer Halle mit tausenden Menschen. Er ist nicht heimlich ein ernster Mensch, der nur fürs Publikum lustig wird, sondern hatte einfach schon immer Spaß daran, Menschen zu unterhalten. In einer Welt voller falscher Stars aus Castingshows und Instagram-Ikonen ist gerade diese Echtheit besonders wertvoll.

Geboren um zu blödeln

Für alle Otto-Fans ist dieses Buch sowieso ein Muss. Menschen ohne Plüschottifanten ist es aber auch zu empfehlen. Es ist bisher die unterhaltsamste Biografie, die ich gelesen habe und sie bietet abseits von Ottos Lebenslauf viel Wissenswertes über die Anfänge der deutschsprachigen Comedy.
Am Ende des Buchs beantwortet Otto schließlich noch eine Frage, die ihm für seinen Geschmack zu häufig gestellt wird: Wann er denn seine Karriere beendet. Auch mit 70 Jahren hat einer der größten Komiker Deutschlands nicht vor, damit aufzuhören zu malen, Musik zu machen und Menschen zum Lachen zu bringen. Otto ist eben wirklich geboren um zu blödeln.

Und jetzt lesen:

Otto Waalkes: Kleinhirn an alle / Heyne, 2018. – 415 Seiten

© Stadtbibliothek Erlangen

Das Hörbuch (natürlich von Otto persönlich gelesen) ist auch sehr empfehlenswert.

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Julia

Nach den Stationen Praktikum, FSJ, Aushilfskraft und Ausbildung in der Stadtbibliothek Erlangen arbeite ich seit September 2022 in der Stadtbücherei Würzburg. #Büchersüchtige #Tolkienfangirl #Bastelkönigin #Musicalliebhaberin

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