Bücher verschwinden im Laptop

Generative KI und Autorschaft

Künstliche Intelligenz wird immer einfacher zu bedienen und steht einem breiten Publikum zur Verfügung. Dieser Gastbeitrag beschäftigt sich mit Fragen der Autorschaft und des Schutzes von urheberrechtlich geschütztem Material.

Textgenerierung mit KI

Künstliche Intelligenz (KI), die auf großen Sprachmodellen basiert, erfuhr im vergangenen Jahr einen Popularitätsschub. Nach dem Launch von ChatGPT-3 im November 2022 erreichte es bis Januar 2023 100 Millionen aktive Nutzer und übertraf damit die Nutzung von TikTok und Instagram in deren Anfangszeit (Leung). Auch Personen, die zuvor nicht wussten, was KI ist oder wie man ein KI-System bedient, können nun diese Technologien selbst ausprobieren. Sie erfordern kein IT-Vorwissen. Stattdessen bieten sie eine unkomplizierte und leicht verständliche Benutzeroberfläche.

Wie in Künstliche Intelligenz mit ChatGPT und Co erklärt, wird KI mithilfe großer Mengen markierter Daten trainiert. Anhand dieser großen Datenmengen erkennt die Maschine Muster und erzeugt neue Kombinationen dieser Muster, seien es Sprach-, Bild- oder Tonmuster. Obwohl noch ungewiss ist, ob dieser Erstellungsprozess der Maschine ihr den Status eines Autors verleiht, hat er Auswirkungen auf unsere Arbeitsweise. KI-gestützte Systeme machen rasante Fortschritte, um menschlichen Autoren bei kreativen und professionellen Schreibaufgaben zu helfen. Können sie diese auch ersetzen?

KI-gestützte Tools zur Generierung von Texten erfreuen sich großer Beliebtheit und sind inzwischen sehr ausgereift. Diese Tools, die häufig Technologien zur Verarbeitung natürlicher Sprache verwenden, können schriftliche Inhalte wie Artikel, Berichte, Marketingtexte und sogar Belletristik erstellen. Unternehmen wie OpenAI, das GPT-3 entwickelt hat, haben Modelle geschaffen, die kohärente und kontextbezogene Texte erzeugen können. Diese Technologie wird in verschiedenen Anwendungen eingesetzt, von der automatischen Generierung von Nachrichtenartikeln bis hin zur Unterstützung von Autoren bei der Erstellung ansprechender Texte. Darüber hinaus können Menschen KI-Systeme nutzen, um Texte zusammenzufassen, zu editieren und Korrektur zu lesen.

Die zunehmende Leichtigkeit, mit der Texte durch Prompts (Anweisungen) erstellt werden können, hat den Weg für einen weiteren Trend der KI eröffnet: personalisierte Inhalte. Empfehlungsmaschinen können personalisierte Leselisten und Newsfeeds zusammenstellen und so schriftliches Material auf die spezifischen Vorlieben der Nutzer zuschneiden. Ziel ist es, die Nutzererfahrung und -bindung zu verbessern.

KI als Herausforderung für das Verlagswesen

Die Verlagsbranche ist von generativer KI besonders betroffen, da eine starke Nutzerinteraktion mit kostenlosen KI-generierten Inhalten zu einer geringeren Nutzerbindung und niedrigeren Einnahmen führen kann. Für viele Künstler und die Unternehmen, die ihre Werke besitzen, stellt die generative KI jedoch eine doppelte Bedrohung dar. Diese Systeme können Imitationen menschlicher Werke produzieren, die den Markt verwässern, und sie verwenden die Produktion der Künstler, ohne deren Zustimmung einzuholen, um sie zu trainieren (Livni, Hirsch, & Kessler). Den Urhebern entgehen nicht nur Einnahmen, da die Nachfrage nach ihren kostenpflichtigen Inhalten sinkt, sondern es können auch Kopien ihrer Inhalte in die KI-Trainingsdaten aufgenommen werden, oft ohne ihr Wissen. Dann können Nutzer das KI-System sogar anweisen, einen Text zu produzieren, der den Stil eines bestimmten Autors imitiert.

Diese Entwicklungen im Bereich KI und Autorschaft sind vielversprechend, werfen aber auch einige Herausforderungen und ethische Fragen auf. An erster Stelle steht die Sorge um Plagiate, da KI-generierte Inhalte bestehenden, von Menschen verfassten Werken ähneln können. Der Schutz des geistigen Eigentums und die Gewährleistung der Originalität der von KI-Systemen erzeugten Inhalte stellen eine ständige Herausforderung dar.

Autoren auf der Suche nach einer juristischen Lösung

Bislang haben mehrere Autoren Klagen gegen OpenAI eingereicht, in denen sie behaupten, die Organisation habe das Urheberrecht verletzt, indem sie ihr Modell ohne ihre Zustimmung auf ihre Romane “trainiert” habe (Creamer). Mona Awad und Paul Tremblay reichten im Sommer dieses Jahres die erste Sammelklage vor dem Bundesgericht in San Francisco ein, und seitdem haben sich viele weitere Autoren dieser Bewegung angeschlossen. Eine Gruppe prominenter Romanautoren, darunter John Grisham, Jonathan Franzen und Elin Hilderbrand, gehören zu einem Dutzend Autoren, die am 19. September 2023 eine weitere Klage gegen OpenAI einreichten, in der sie dem Unternehmen vorwerfen, ihre Urheberrechte zu verletzen, indem es ihre Bücher für das Training seines Chatbots ChatGPT verwendet. In der Klage wird behauptet, dass der Erfolg und die Profite von OpenAI auf massiven Urheberrechtsverletzungen beruhen, ohne dass die Urheberrechtsinhaber auch nur ein Wort der Erlaubnis oder einen Cent Entschädigung erhalten hätten (Alter & Harris).

Es wird behauptet, dass Bücher ideal sind, um große Sprachmodelle zu trainieren, da sie qualitativ hochwertige, gut redigierte, lange Prosa liefern,

In offiziellen Beschwerden und Klagen heißt es: Es handelt sich um urheberrechtlich geschützte Werke, die nicht ohne Genehmigung verwendet werden dürfen. Die Anwälte von Awad und Tremblay betonen, dass so genannte “künstliche Intelligenz”-Tools auf Daten basieren, die von Menschen erzeugt wurden und ihre Systeme vollständig von der menschlichen Kreativität abhängig sind. Wenn sie die menschlichen Schöpfer ruinieren, werden sie bald selbst ruiniert sein (Creamer).

Darüber hinaus ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der Autoren in der Lage sein wird, Anwälte und Gerichte mit der Durchsetzung der Rechte an ihrem urheberrechtlich geschützten Material zu beauftragen. Autoren, die es noch nicht auf die Bestsellerlisten geschafft haben und/oder keine Unterstützung etablierter Verlage haben, werden nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um sich auf eine solche Mission zu begeben. Da diese KI-Systeme mit Datensätzen trainiert werden, die aus digitalisierten und im Internet verfügbaren Texten bestehen (Creamer), ist es möglich, dass noch viel mehr urheberrechtlich geschütztes Material ohne ausdrückliche Genehmigung verwendet wurde.

Fazit

Die rasante Verbreitung von KI im schriftstellerischen und kreativen Sektor verändert die Art und Weise, wie wir Inhalte verfassen, bearbeiten und konsumieren. Von der Generierung von Inhalten bis hin zur Personalisierung verändert KI die Schreib- und Verlagsbranche. Es ist von entscheidender Bedeutung, sich den Herausforderungen von Plagiaten, Urheberrechtsverletzungen, Arbeitsplatzverlagerungen und Voreingenommenheit zu stellen und gleichzeitig das Potenzial von KI für die kreative Industrie zu nutzen. Die Zukunft der KI und des Urheberrechts hängt von einer Lösung ab, die die wichtige Rolle menschlicher Urheber bei technologischen Innovationen anerkennt.

Quellen

Livni, Ephrat, Lauren Hirsch und Sarah Kessler. “Who Owns a Song Created by A.I.?

Lawmakers are beginning to contemplate questions about authorship and ownership around creative machines. The stakes for creative businesses are high.” The New York Times, 15 April 2023, https://www.nytimes.com/2023/04/15/business/dealbook/artificial-intelligence-copyright.html

Leung, Anthony. “Creative Machines? The Riddle of AI and Copyright Authorship and Ownership.” Lexology, 2 June 2023,

https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=92277358-605b-43fc-b8b0-93db1707f37d

Creamer, Ella. “Authors file a lawsuit against OpenAI for unlawfully ‘ingesting’ their books.” The Guardian, 5 July 2023, https://www.theguardian.com/books/2023/jul/05/authors-file-a-lawsuit-against-openai-for-unlawfully-ingesting-their-books

Alter, Alexandra und Elizabeth A. Harris. “Franzen, Grisham and Other Prominent Authors Sue OpenAI.” The New York Times, 20 September 2023, https://www.nytimes.com/2023/09/20/books/authors-openai-lawsuit-chatgpt-copyright.html

Zur Autorin

Ruxandra Teodorescu arbeitet derzeit als Doktorandin im DFG-geförderten Graduiertenkolleg „Literatur und Öffentlichkeit in differenten Gegenwartskulturen“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich des kritischen Posthumanismus, der Philosophie des Geistes sowie der Moral und Ethik in englischsprachigen Literatur. In ihrem Dissertationsprojekt untersucht sie, wie menschliche und künstliche Koexistenz in Literatur und Film dargestellt werden.

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